Worauf man beim Schuheinkauf achten sollte – I.ter Harmsel, W.P. Schallmey, Deutschland
Für die Schuhe, die wir tragen sollten, gilt der Fuß als Maß.
Unsere Füße tragen uns durchs Leben und wir sollten sie daher solange
es geht fit und gesund erhalten, z.B.aktiv mit ausreichend Bewegung und
Fußgymnastik. Passiv und auf Dauer schützen und unterstützen Schuhe
unsere Füße.
Wichtig ist es, das sie passen, denn zu kurze oder zu weite Schuhe
schädigen auf Dauer die Füße und die Folgeschäden können am ganzen
Bewegungsapparat auftreten.
Im Schuh brauchen die Füße Raum vor den Zehen zur Bewegung, da sich
die Zehen beim Abrollen nach vorne schieben. Wird das durch zu knapp
sitzende Schuhe (auch Strümpfe) verhindert, werden die Zehen bei jeder
Bewegung gestaucht. – auf Dauer die Hauptursache erworbener Fußschäden.
Der Schub der Zehen kann mit dem Streichholzschachteltest sichtbar
gemacht werden. Hierfür legt man vor einem Fuß z.B. den linken eine
Streichholzschachtel und lässt mit dem anderen Fuß einen Schritt nach
vorne und wieder zurück machen. Dabei wird der linke Fuß nur bis in den
Zehenstand gehoben. Durch diese Bewegung wird die Streichholzschachtel
vor dem linken Fuß um den Schub nach vorne geschoben.
Deshalb heißt es:
Erste Faustregel:
Passende Schuhe müssen immer länger sein als der Fuß (ca. eine Daumenbreite) – und zwar vor den Zehen!
Schuhfachleute nennen das Stück, das der Schuh länger sein sollte als der Fuß (ca. eine Daumenbreite) Zugabe
Durch diese Längenzugabe ist es wichtig, das der Schuh an der breitesten Stelle des Vorfußes den erforderlichen Halt findet und nicht nach dem Prinzip „Schraubstock“ zwischen Zehen und Fersen gehalten wird.
Die Linie zwischen Außen- und Innenballen ist bei allen Füßen die
breiteste Stelle – das Umfangmaß an dieser Stelle nennt man die Weite.
Bei gleich langen Füßen kann die Ballenbreite des Fußes und die Weite
jedoch durchaus verschieden sein. Man spricht dann von schmalen,
normalbreiten oder breiten Füßen. Obwohl beim Schuhkauf meist nur nach
der Länge ausgesucht wird (z.B. Größe 39), spricht man davon, das die
Schuhe weit ausfallen oder schmal, andere dagegen gut sitzen. Man
spricht also meist nur indirekt von der Schuhweite, obwohl sie für den
passenden Schuh von großer Bedeutung ist.
Vor allem bei Personen mit schmalen Füßen besteht die Gefahr, das sie
sich zu kurze Schuhe kaufen. Viele Schuhe sind ihnen zu weit und sie
rutschen beim Gehen mit den Zehen nach vorne in die Zugabe, während der
Fuß hinten an der Ferse schlappt. Für die Füße wird dann
verhängnisvollerweise eine kürzere Größe gewählt, da die weiten Schuhe
als zu groß empfunden werden. Hier ist es wichtig bewusst zwischen
notwendiger Länge und notwendiger Weite zu unterscheiden. Wird ein zu
weiter Schuh durch Längenverkürzung angepasst, werden auf Dauer
Fußschäden vorprogrammiert.
Deshalb:
Zweite Faustregel:
Ein zu weiter Schuh muss durch einen schmaleren Schuh ersetzt werden, nicht durch einen kürzeren Schuh.
Eine alte Schusterregel lautet „lieber länger und enger“. Dabei
bezieht sich „enger“ auf die Schuhweite über der Ballenlinie, nicht der
Schuhspitze. Sind die Schuhe zu weit, sind sie auch immer zu kurz. Ein
zu kurzer Schuh schädigt die Füße, dabei ist es egal ob die Schuhspitze
schlank zuläuft oder breit verrundet ist. Auch die sogenannten
„Gesundheitsschuhe“ mit Naturform und Zehenspielraum zur Seite und nach
oben schaden den Füßen, wenn sie nach vorn, vor den Zehen, nicht
genügend Platz zum Abrollen lassen.
Unsere Füße sind unterschiedlich widerstandsfähig, aber in der Regel sehr robust. Sie nehmen uns einen einzelnen, nicht passenden Schuh nicht übel – solange er nicht tagein tagaus getragen wird. Hier gilt:
Dritte Faustregel:
Nicht der einzelne Schuh schadet. Fußschäden entstehen, wenn ständig zu kurze Schuhe getragen werden.
Es gibt einige Schuhtypen, die können im idealen Sinn nicht „passen“.
Der passende Schuh muss im Bereich der Ballenlinie am Fuß gehalten
werden. Schuhtypen, die im Spannbereich ausgeschnitten sind, müssen zu
kurz getragen werden. Dazu gehören Pumps, Ballerinen und Slings, z.B.
wenn sie tief ausgeschnitten sind. Diese Schuhtypen sollten nur
stundenweise getragen werden (Faustregel 3), aber nicht auf „Dauer“ den
ganzen Tag. Bei Herren gilt das für den tiefausgeschnittenen Slipper.
Fachleute erkennen zu weite Schuhe an der starken Querfaltung über
der Ballenlinie. Diese Falten lassen das Leder selbst, oder die Nähte
schnell brechen. Sind die Schuhe zu weit, gehen sie also schneller
kaputt und sie sehen schneller verbraucht aus.
Bei Kinderfüßen sprechen die Mediziner von einer „relativen
Schmerzunempfindlichkeit“. Anders als Erwachsene können Kinder daher
keine sichere Auskunft geben ob der Schuh passt oder nicht. Auch der
Daumendruck auf die Schuhspitze funktioniert bei Kindern nicht, daher
sind sie besonders gefährdet zu kurze Schuhe zu tragen.
Als
Hilfestellung gibt es das Kinderschuh-Servicesystem WMS mit einem
Fußmessgerät und Schuhen, die in Längen und Weiten den WMS-Richtlinien
folgen und entsprechend gekennzeichnet sind. Die Schuhe selbst können
von unterschiedlichen Herstellern sein, wichtig ist es auf das
WMS-Zeichen im Schuh und/oder am Karton zu achten.
Für Erwachsene gibt es sogenannte „Komfortschuhe“, auch hier gibt es
eine Weitenauszeichnung. Hier folgen die Weitenangaben dem Alphabet von E
bis K usw.. Hierbei sind die Weiten E, F und F ½ die schmalen Weiten,
die Weiten von H aufwärts die breiten Weiten.
Bei Damenschuhen sollte man darauf achten, das der Raumbedarf vor den
Zehen sich mit der Absatzhöhe verändert. Ist der Absatz erhöht, wird
die Abrollbewegung verkürzt. Deshalb: Je höher der Absatz , desto
geringer die notwendige Zugabe. Wenn die Schuhe sogenannte
Negativabsätze haben, ist umgekehrt eine größere Zugabe erforderlich
Von der Natur aus sind unsere Füße den Bedingungen von Naturböden
angepasst. Das bedeutet, das sie mal von einer Kuppe, mal flach mal von
einer Mulde aus abrollen. Unsere „Kulturböden“ sind platt und hart.
Deshalb ist es empfehlenswert Schuhe mit mittleren und flachen Absätzen
im Wechsel zu tragen. Hohe Absätze sollten stundenweise die Ausnahme
sein (Faustregel 3). Alle Schuhausstattungen, die aktives Training für
den Fuß bedeuten, sind je nach Intensität nur kurzzeitig zu tragen.
Niemand mutet seinen Armen stundenlang Klimmzüge zu!.
Um eine intensive Fußkontrolle zu haben werden Sportschuhe für kurze
sportliche Ausübung meistens knapp, eher kurz getragen. Als
Alltagsschuhe aber müssen Sportschuhe ebenfalls die nötige Zugabe
besitzen, meist müssen sie größer als üblich gekauft werden.
Das Fußvolumen nimmt im Tagesverlauf mit wachsender Beanspruchung zu.
Das ist von Person zu Person unterschiedlich ausgeprägt. So kann es
vorkommen, dass Schuhe – abends nach einem „fußintensiven“ Tag gekauft,
am nächsten morgen zu groß erscheinen, oder das Abendschuhe – morgens
eingekauft – sich als zu eng herausstellen. Leder dehnt sich mit
Erwärmung und Beanspruchung aus und zieht sich bei Erkalten wieder
zusammen.
Vierte Faustregel:
Lederschuhe für den ganzen Tag eher morgens kaufen, spezielle Abendschuhe eher gegen Abend kaufen.
Eine andere schuhbestimmende Eigenschaft unserer Füße ist die
Transpiration. Füße schwitzen, je mehr Bewegung, desto stärker. Leder
hat die Eigenschaft Fußfeuchtigkeit zu speichern und nach außen
abzugeben. Dazu benötigt Leder aber nach einem Tag „Tragen“ eine „Pause“
von 24 Stunden, um die gespeicherte Feuchtigkeit ganz abzugeben. Bei zu
kurzer Pause werden auch Lederschuhe zu „Feuchtekammern“, in denen
Pilze gut gedeihen können und Kälte schneller Einzug hält.
Wenn
wetterbedingt geschlossene Schuhe getragen werden müssen, sollte man
zwei Paar zum Wechseln einplanen. Wenn damit noch ein modischer
Erscheinungswechsel verbunden ist, hat man das Nützliche mit dem
Angenehmen verbunden.
Schuhe aus nicht atmungsaktiven Materialien wie z. B. Gummi oder
imprägnierte Textilien sollte man nur stundenweise tragen. Bei
Regenstiefeln oder Moonboots kann die Tragezeit durch Wechseln der
Strümpfe aus wasserspeichernden Materialien (Wolle) verlängert werden.
Bei Regen und/oder Schneematsch haben sich Schuhe mit Zwischenmembranen
wie z.B. Goretex, Sympatex und ähnlichen Materialien bewährt. Diese
Membranen lassen Wasserdampf nach außen durch, versperren aber über
längere Zeit Feuchtigkeit von außen den Weg. Auch Lederschuhe können
damit ausgestattet sein. Letztlich bleibt aber das Verhalten des
Obermaterials für das Fußklima verantwortlich. Auch Lederschuhe mit
Membran sollten ebenfalls nur ein über den anderen Tag im Wechsel
getragen werden.
Winen gesamtgesellschaftlichen Trend sich auszudrücken, manchmal gruppenspezifisch ausgeprägt, nennt man Mode. Schon in früheren Kulturen sind „Modetorheiten“ belegt. Somit kann man sicher von einem Bedürfnis Mode sprechen. Hier ist vor allem die Faustregel 3 wichtig. Wenn die Schuhmode den Anforderungen einer guten Passform widerspricht, sollte man auf stundenweise Tragen ausweichen und danach den Füßen immer wieder Gelegenheit zur „Erholung“ geben, am besten von aktiver Fußgymnastik unterstützt.
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